Abseitige Ökonomien – Grenzen und Grenzfiguren des Tausches 1500-1800
2. April 2009
Workshop
Grenzen richten Räume ein – soziale, diskursive, materielle. Als Markierungen, die zwischen Innen und Außen unterscheiden, definieren sie nicht nur den Geltungsbereich des Rechts im Rahmen einer politischen Topographie, bestimmen die Reichweite sozialer und kultureller Normen als Grenzen des Erlaubten, die Differenzierungsanstrengungen zwischen Funktionssystemen oder die Konfigurationen des Wissens. Als spezifische Zonen des Übergangs regeln sie gleichzeitig den legitimen wie illegitimen Austausch zwischen den so konstituierten Einheiten und die Modi ihrer Überschreitung.
Grenzen sind Orte der Transition, des Austauschs, der Übertragung, die in spezifischer Weise transitorische Figuren erzeugen und in diesen sicht- und beobachtbar werden – für die Zeitgenossen wie für die Wissenschaft. Diese Figuren operieren nicht einfach nur an den Rändern räumlicher oder sozialer Grenzen, sondern sind selbst Effekte dieser Grenzziehungen und Unterscheidungen. Sie tauchen überall dort auf, wo neue Grenzen gezogen, Gebiete abgesteckt und unterschieden, Austauschrelationen gestiftet, verändert oder auch prekär werden. Schmuggler, Fälscher, Bettler, Wucherer, Spekulanten, Bankrottierer oder Piraten sind nur wenige, prominente Beispiele solcher Figuren in der Frühen Neuzeit, die die Überschreitung von materiell-räumlichen Grenzen, die Trennung zwischen sozialen Einheiten oder die Grenzen des Erlaubten und Legitimen anzeigen und dies wiederum mit einer spezifisch ökonomischen Operation verbinden. Sie sind Figuren, die sich in prekären Tauschverhältnissen und abseitigen Ökonomien bewegen.
Der Workshop will vor allem solche Grenzfiguren in den Blick rücken, die als zeitgenössisch virulente Reflexionsfiguren des Wandels räumlicher, sozialer oder kultureller Grenzziehungen in der frühen Neuzeit verstanden werden können. Was sind die historischen Hintergründe und Umstände der Entstehung solcher Figuren und der Veränderung ihrer narrativen Muster und Funktionsmodi? In welchem Verhältnis stehen historische Konjunkturen, die Persistenz bestimmter Figuren oder deren Veränderung zu der Transformation von Wissensordnungen und zu medialen Umbrüchen in der frühen Neuzeit?
Dieser Workshop wird veranstaltet vom Forschungsprojekt „Religion in der Differenz. Grenzziehungen und Konflikte in der Frühen Neuzeit“ (Abstract).
2.-4. April 2009
Universität Konstanz, Raum V 1001 (Senatssaal)
Kontakt
Jan Behnstedt (jan.behnstedt[at]uni-konstanz.de)
Patrick Oelze (Oelze[at]herder.de)
- Dateien:
Programm-Abseitige-Oekonomien_01.pdf260 Ki